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AutorenbildErnie - Ernst Scheiner

St. Kilian. Bud Spencer Rezeptur

Aktualisiert: 6. März 2023


Wie wird der neue Bud Spencer Whisky gemacht?


Über tausend Tasting Sets mit den neuen Signature Editions Eight und Nine verschickte die unterfränkische St. Kilian Brennerei aus Rüdenau an ihre Fan Group. Distillery Manager Mario Rudolf und Brennereigründer Andreas Thümmler präsentierten ein informatives und thematisch abwechslungsreiches Online-Tasting aus dem Still Room. Ihr Special Guest, der Master Distiller und ehemalige Geschäftsführer der Distillery Cooley im Co. Louth sowie heutige Director der Great Northern Distillery in Dundalk, setzte die Pace: David F. Hynes.


Background

Der passionierte Physiker und Chemiker Hynes, ein Absolvent der Harvard Business School, hatte ursprünglich die St. Kilian Destillationsanlage zusammen mit Andreas Thümmler geplant. Beide sind sie in einer Whiskey- Freundschaft sehr eng miteinander verbunden. Sie ist die Basis für die Erfolge der Kilian Whiskys. Seit 2016 sprudeln Destillate aus heimischem und schottischem Gerstenmalz durch die jeweils 6 000 Liter großen kupfernen Brennblasen. Gedengelt hatten sie in der Pre-Brexit-Period die berühmten Kupferschmiede von Forsyth in Rothes. Das Kilian Team um Distillery Manager Mario Rudolf installierte die klassischen Swan Neck Pot Stills. Die aus Kiefer aufgebauten Gärbottiche kamen aus Dufftown.




Lokale Handwerker verfeinerten die Destillationsanlage. Entstanden ist eine eindrucksvolle State of the Art Distillery.


Die beiden Pot Stills kamen von Forsyths in Scotland

Motivation und Perspektive

Der diplomierte Braumeister Mario Rudolf erlernte die Destillation vom erfahrenen David Hynes. Er schulte und begleitete den aus dem nahen Amorbach kommenden Franken und verhalf ihm zu einem Praktikum bei der schottischen Ikone Billy Walker. Der erfahrene Master Distiller Alan McConnochie zeigte ihm die Tricks und Kniffe der schottischen Destillation. Die East Highland Distillery Glendronach ermöglichte dem hochmotivierten Brauer differenzierte Einsichten in die schottische Art der Whisky-Herstellung.


Mannigfache Grundlagen des Brennens und Reifens wurden gesetzt. In der St. Kilian Distillery diversifizierte Mario Rudolf konsequent die Methoden des Brauens und der Destillation. Eigenständige Kilian Destillate entwickelten sich. Geschickt hatte David Hynes die Tore in eine neue Whisky-Welt geöffnet.


David F. Hynes

Denn entsprechend irischen Traditionen integrierte der versierte Anlagenentwickler einen Reflux Condenser – Dephlegmator, eine Art Rohrspirale durch die eine Kühlflüssigkeit fließt – in den Lyne Arm der Feinbrandblase – Spirit Still. Dieses Tool erlaubt seither Rudolf die Feinsteuerung der Intensität des Rückflusses des kondensierten Alkoholdampfgemischs aus dem Lyne Arm in den Kessel je nach gewünschtem New Make Charakter: sauber, rein oder fett und robust.


Die variable Wasserkühlung des Dephlegmators verstärkt oder vermindert die einsetzende Aufreinigung des Destillats. Die Folge, der Reflux Condenser generiert je nach Temperatur der Kühlflüssigkeit unterschiedliche Aromaprofile bei den New Make Spirits: „multiple distilled Irish Style“ oder „…einen sehr harschen charaktervollen Whisky“. So etwas ist spannend und herausfordernd zugleich. Vielfalt ist das Ergebnis.



Bei Kilian wird selbstverständlich nach schottischer Methode gebrannt, d.h. Vorlauf und Nachlauf werden grundsätzlich dem Rohbrand aus der ersten Destillationsstufe beigemischt und somit wieder und wieder in der Feinbrandblase destilliert. Master Distiller Rudolf spricht daher gerne von der „Seele der Kilian Whiskys.“


Es gibt derer allerdings zwei: eine Nichtrauchige und eine Rauchige. Foreshots und Feints werden in getrennten und verplombten Stahlbehältern bereitgehalten.


“Der Alkohol wird nicht verworfen.“


St. Kilian Bunker City.


In 255 verschiedenen Fasskulturen reifen die Kilian Spirits zu Whiskys heran. 7560 Fässer liegen aktuell vorwiegend in der über 70 ha großen Bunker City auf 440 m Meereshöhe in den nahegelegenen Hügeln von Rüdenau (Stand Oktober 2021). Zum Vergleich bei Great Northern sind es 297 600 Casks, verstreut über ganz Irland. Die bei Kilian in den Konversionslagerhäusern - ehemalige Munitionsbunkeranlagen aus dem Kalten Krieg – vorherrschende und konstante Temperatur schafft ein sehr förderliches Mikroklima für die Whiskyreifung.


David Hynes bewundert Mario Rudolfs differenziertes Wood Management und nennt ihn charmant, einen


Whisky Wizard of Wood.

In der Tat Rudolf zaubert mit den Fassrezepturen und „Aufmischungen“ immer wieder neue aromatisch überraschende Whiskys. Initiator und Alleinbesitzer Thümmler freut sich über 60 Medaillen und den angestrebten Ertrag von 300 000 Liter Malt Spirit im laufenden Jahr 2021. Fünf Jahre zuvor zu Beginn waren es 60 000 Liter reiner Alkohol.


Halten wir fest: Europa machte diese intensive grenzüberschreitende Zusammenarbeit möglich. Der direkte Bezug von qualitativ leistungsstarken Fässern innerhalb der EU und aus den USA erlaubt die Herstellung attraktiver Whiskys. Das Europarecht erlaubt den Whisky-Brennern die Verwendung von jedwedem Holz für die Whisky-Reifung – in Schottland darf nur Eichenholz den Whisky prägen. Die grenzüberschreitende EU-weite Kooperation mit Brennereien, nationalen und internationalen Küfereien, Bodegas, Weingütern u.a. gewährt eine individuelle Auswahl der Fassqualitäten.


Bud Spencer schlägt zu

Es war wohl der erfolgreichste und überraschendste Whisky-Launch in der deutschen Whisky-Landschaft. Blicken wir zurück. Corona wütete im Dezember 2020 als eine neue Whisky-Marke in die Regale der deutschen Spirituosengeschäfte kam: ein Single Malt von St. Kilian unter dem Namen Bud Spencer. Das ließ Aufhorchen. Die Medienresonanz war heftig. Der italienische Schauspieler weckte unter seinen deutschen Fans multiple Emotionen und Empathie. Kein Wunder, dass die erste Teillieferungen in wenigen Wochen vergriffen war.


„Wir mussten schleunigst nachliefern,“

erzählt Rudolf,


„insgesamt strömten mit der Bud Spencer Batch 1.2 weit über 30 000 Flaschen in den Markt. Wir wurden vom Erfolg überrascht. Wir kamen an unsere Produktionsgrenzen.“


Der Single Malt mit 46 % vol und fairem Preis begeisterte weite Teile der Whisky-Community. Bud Spencer fand darüber hinaus neue Genießende, die bis dahin einen deutschen Whisky eher abseits sahen. Sankt Kilian war in wenigen Wochen sprichwörtlich in aller Munde. Welch ein großartiger Marketingerfolg, welch ein fulminantes Productplacement! Der rauchige Bud Spencer Single Malt aus Rüdenau erweiterte alsbald das Portfolio von St. Kilian. Solch ein Phänomen hatte es bisher in der neueren deutschen Whisky-Landschaft in dieser Art und Wirkung noch nicht gegeben.



Die vorgesehenen Lagerbestände neigten sich allerdings dem Ende. „Wir waren überwältigt, was letztes Jahr vor Weihnachten abgegangen war,“ erzählt Rudolf, „wahrscheinlich der größte Whisky-Release, den es in Deutschland gegeben hat…wir konnten ihn… längere Zeit nicht mehr bedienen…wie kann man dem Ganzen Herr werden?“ Die Verantwortlichen bei Kilian mussten umdenken. Alte Projektideen wurden aufgegriffen und mündeten in „…eine starke Neuerung…einen international Blend...“ Für Andreas Thümmler war es eine natürliche Folge der bisherigen Zusammenarbeit, „…dass beide Master Distiller einen Whisky zusammen kreieren.“




Die grenzüberschreitende Überraschung

„Das Batch 2 des neuen Bud Spencer Whisky ist ein Crossover der Master Distillers, die quasi Sankt Kilian aufgebaut haben. Ein Blend von Mario und David,“ freute sich sichtlich der aus Rüdenau stammende Andreas Thümmler, „ich bin persönlich sehr begeistert…das ist einfach ein klasse Blend.“ Der Whisky dokumentiere nicht nur die europäische Zusammenarbeit, sondern auch die Freundschaft des Trios.


Die Not machte sie erfinderisch. Kreativ lösten sie die Versorgungsprobleme, denn die Kilian-Lagerbestände erlaubten keine Neuauflage der bisherigen Rudolf-Vatting-Rezeptur aus 80 % Bourbon- und 20 % Amarone-Fassgereiften Kilian Whiskys. Ein neues Produkt musste kreiert werden.


„Warum nicht die von Mario und David generierten Whiskys zusammenführen?“

dachte sich Thümmler.


Pläne wurden formuliert, GND Proben wurden monatelang ausgetauscht. Das Team schuf Neues, das es bisher in dieser Zusammenstellung in der gegenwärtigen deutschen Brennereigeschichte so noch nicht gab.


Ohne Import- und Zollprobleme kamen aus der Great Northern Distillery in tausend Liter großen IBC-Containern jeweils ein etwas über dreijähriger Pot Still Whiskey sowie ein ähnlich alter Single Malt nach Rüdenau. Die dreifach destillierten Spirits reiften zuvor in Bourbon Barrels in Ireland und wurden von Hynes und seinem GND-Team aromatisch selektiert und gevattet.


Es war Rudolfs Herausforderung und Aufgabe aus den eigenen Amarone- und Rotweinfass gelagerten Kilian-Beständen und den irischen GND-Whiskeys einen Verschnitt zu komponieren, der eine überzeugende aromatisch typische Bud Spencer-Ausstrahlung aufweisen sollte. Das Ergebnis mündete in einen „Ausmischung“ von 18,75 % Amarone-Fass- und anderen Rotweinfassgereiften zweifach gebrannten nichtrauchigen Kilian Malts, die sich mit dreifach in Brennblasen gebrannten 18,75 % GND-Pot Still Whiskey und 62,5 % GND-Single Malt in der St. Kilian Brennerei vermählten.


Der GND Pot Still Whiskey ist ein typisch irische historisch gewachsene Destillationsvariante. Grundlage ist eine Mashbill aus einem größeren Teil gemälzter Gerste und einem kleineren Teil unvermälzter sowie etwas Rye und Hafer. Destilliert wurde der Geteidemix in der Harp Brewery in Dundalk.


Hynes hatte die ehemaligen Sudbehälter von Forsyth umbauen lassen. In den horizontalen Lyne Arm der Feinbrandblase installierte er eine kühlende Reflux-Spirale und führte das sich dort kondensierende Alkoholdampfgemisch über eine Rohrleitung direkt in den Kessel zurück. „Der Pot Still ist ein sehr prägnantes Produkt,“ meint Hynes:



Mario und David verzichten im neuen Bud Spencer Batch 2.00 gänzlich auf einen GND Grain Whiskey wie das sonst bei irischen oder schottischen Blended Whiskys üblich wäre.


Möglichen Kritikern sei an dieser Stelle angedeutet:


Es ist für eine deutsche Whisky-Brennerei durchaus legitim, ein derartiges grenzüberschreitendes Verfahren der Zusammenarbeit und der Produkterweiterung zu wählen. Die Herkunft des Produkts wird auf dem Label für den Verbraucher deutlich und transparent formuliert.


Außerdem ist die Entstehung von St Kilian, entsprechend des Namenspatrons mit dem aus Irland nach Franken kommenden Missionar sehr eng philosophisch-theologisch verbunden, wie auch das Trio Rudolf, Hynes, Thümmler untereinander.


Es wird nichts vor den Verbrauchern verheimlicht. Wichtig für sie ist, dass ihnen der milde Bud Spencer Whisky schmeckt und das Preis-Leistungsverhältnis gefühlt stimmt. Die Faszination liegt ebenfalls in der interkulturellen Begegnung: Italienischer Schauspieler, irischer Distiller, deutscher Distiller und Master Blender und fränkischer Besitzer.


Wie schmeckt der neue Bud Spencer Whisky?

Im Glas entfaltet sich ein Whisky, dessen helle, leicht grünlich-warme Farbe an einen Pinot Grigio delle Venezie erinnert. Die dick-öligen Schlieren lassen einen aromadichten Whisky mit vollem Körper vermuten. Die Nase wird nicht enttäuscht, intensiv fruchtig-frische Aromenbündel sowie Noten von Malzbonbons umschmeicheln das Riechorgan. Freudig ist die positive Erwartung an einen wohlschmeckenden Whisky.


Der fruchtige, honigartig-süße, cremig-ölige Geschmack mit einem gehörigen Schuss Vanille fasziniert spannend Zunge, Gaumen und Nase. Es sind insbesondere die aufkommenden würzigen, pfeffrigen Noten, die den jungen Whisky harmonisch ausbalancieren. Anhaltende Pfefferminzeindrücke münden in einen frischen Whisky. David Hynes mag den aufblitzenden old fashioned Irish Character of Pot Still im Bud Spencer Blend, er ist begeistert, denn sein

„…Pot Still pushes to the front…very forward.“

Mario Rudolfs integrierende Blending Künste münden in einen sehr leckeren und süffigen Whisky, der das tatsächlich jugendliches Reifealter vergessen macht. „Italien, Irland und Deutschland und in einem perfekten Blend," versprechen die Whisky-Macher. Sie lagen mit dieser Ankündigung nicht falsch, denn viele Kilian Fans waren von der neuen Rezeptur begeistert. Kommentare belegen dies.


Das „milde“ Batch 2 mündete in 27 000 Flaschen, die mit 46 % vol nicht kühlfiltriert und ohne eine Zuckerkulörfärbung in der „markanten“ Bud Spencer Flasche von Hand in der Brennerei abgefüllt wurden.


Der LEH Preis liegt bei moderaten 39,90 Euro je 07 l Flasche. Eine rauchige Bud Spencer Variante werde demnächst folgen. Neue Märkte können in Ungarn und Italien erschlossen werden, denn dort ist der Schauspieler Bud Spencer eine beliebte und sehr populäre Größe, im Gegensatz zur Rezeption in Irland.


Cask Management Result

Begeisterung entfachte der aus 100 % deutschem Pilsner Malz von der fränkischen Mälzerei Weyermann hergestellte Signature Nine.

Reifen durfte die 55,3 % vol starke neue vollfruchtige Abfüllung in 32 fünfzig Liter kleinen und Quarter Bourbon Casks (62 %, aus 2016, 2017 und 2018) in der zuvor die Garrison Brothers aus Texas ihren preisgekrönten seltenen Whiskey ausbauten.


Premier Cru Sauternes Barriques mit 225 Liter Fassungsvermögen (27 %) prägten „den Körper“ seit 2016 und 2017 die andere Charge des St. Kilian Malts. Getoppt wurden die „Aromen der Kopfnote“ mit einem Kilian Whisky, der 2017 in zwei 225 Barriques aus Pfälzer Eiche (12 %) heranreifte. Das Holz wuchs im Forst Johanniskreuz. Geböttchert hatten sie die Küfer von Markus Eder in Bad Dürkheim.


7 500 Flaschen in der kleinen 0,5 l Pot Still Form wurden von fleißigen Händen in der Brennerei in natürlicher Farbe und ohne Kühlfiltration gefüllt (für Sparer gibt es 1 200 Minis).


Die Vorliebe von Weinfassreifungen bei St. Kilian wird bei der neuen Variation eindrucksvoll lebendig.

Der Autor dankt St. Kilian für die kostenfreie Zusendung des Tasting-Sets. Sie nahm keinen Einfluss auf die obige Darstellung und Meinungsbildung.


Das schrieb Serge Valentin über den Bud Spencer Batch 1 rauchig in seinem Blog






 

Zum Autor

Ernie - Ernst J. Scheiner ist der Herausgeber des Portals The Gateway to Distilleries www.whisky-distilleries.net Er dokumentiert über 150 Destillerien fotografisch von innen und beschreibt detailliert die Produktion der Whiskies. Seit seinem Studium an der University of Edinburgh befasst er sich mit dem Thema Whisky und publiziert in Fachmagazinen

wie Das Irland Journal, die Kleinbrennerei, Whisky Passion und The Highland Herold. Features und Stories erschienen in den Blogs whiskyexperts, whiskyfanblog und whiskyintelligence. Als Leiter der VHS Ingelheim führte, und nun als Whisk(e)y-Botschafter leitet er Destillations-Kollegs, Studienreisen und Whisky-Kultouren zu den Quellen des Whiskys.




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