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AutorenbildErnie - Ernst Scheiner

Kilbeggan is back again

Aktualisiert: 28. Juli





Kilbeggan is back again...

Höhen und Tiefen des irischen Whiskeys

 

Der folgende Artikel erschien erstmals im Irland Journal 2012.

Er wurde im Februar 2024 aktualisiert.



von Ernie Scheiner 

 

Whisky, das war im 19. Jhd. gemeinhin irischer Whiskey. Er beherrschte den internationalen Markt. Irlands usquebaugh wurde in England, den U.S.A. und Canada sowie in den britischen Kolonien sehr gerne getrunken. Selbstbewusst grenzten sich deshalb einige Dubliner Distilleries mit ihrer eigenen Schreibweise -ey- nicht nur von den irischen Country Whiskies und von den damals ‚rauhen und rauchigen’ Whiskies der Schotten nicht nur geschmacklich, sondern auch marketingstrategisch ab. 


Irischer Whiskey begeisterte mit seiner Fruchtigkeit, Weichheit
und Würzigkeit die Nasen und Zungen der Welt.

Kein Wunder, dass die gigantischen Brennblasen der Dubliner Brennerei George Roe & Co. Ltd damals alleine rund neun Millionen Liter köstlichen Pot Still Whiskey produzierten. Diese neben der Guinness Brauerei gelegene Brennstätte war 1879 die Größte nicht nur Dublins, sondern der damaligen Whisky-Welt. Sie gehörte zu den Big Four: John Jameson in der Bow Street (4,5 Millionen Liter), William Jameson in der Marrowbone Lane und John Power in der John’s Lane (beide mit einer Jahresproduktion von vier Millionen Litern). 

 

Mit dieser Größe konnten die meisten schottischen Single Malt Distilleries nicht mithalten. Die Glen Rothes Distillery produzierte beispielsweise 360 000 Liter während die ebenfalls in der Speyside liegende, aber weitaus berühmtere, The Glenlivet Distillery lediglich rund „200 000 Gallonen (900 000 Liter) reinen Highland Malt jährlich erzeugte,“ wie uns der Chronist Alfred Barnard in seinem Kompendium The Whisky Distilleries of the United Kingdom 1887 berichtete.

 



Die Big Four aus Dublin dominierten zwar die irische Whiskey-Industrie, dennoch wurde auch auf dem Lande Whisky in unterschiedlichen Qualitäten gebrannt. Belegte 64 Whisky-Produzenten gab es im Hinterland 1843. Im Jahre 1835 lag diese Zahl sogar bei 93. Überall wurde Whisky oder Whiskey legal oder illegal gebrannt: Antrim, Belfast, Cork, Dundalk, Derry, Galway, Limerick, Wexford und Tullamore.

 

Im County Westmeath etablierte sich bereits 1757 am Fluß Brusna/Brosna eine Distillery, die unter den Namen Brusna, Locke’s oder Kilbeggan bekannt wurde. Zweihundert Jahre sollte es dauern bis die Feuer unter ihren Brennblasen erloschen. Politische Skandale und Jahre der Misswirtschaft beendeten zunächst im Januar 1956 die aktive Brennereigeschichte. Die Brennblasen erkalteten bereits 1953. Der Arbeitsplatz von 170 Menschen im Winter und 60 im Sommer ging verloren. In den Blütezeiten wohnten im kleinen Marktort Kilbeggan -Cill Bheagáin - rund 50000 Einwohner, heute etwa 1 600.

 

Glückliche Umstände fügten sich jedoch in den folgenden Jahren zusammen.

 

Der einheimische Geschäftsmann Brian Quinn und seine Freunde erkannten den archäologischen Wert der ehemaligen Brau- und Brennstätte. Sie begannen 1982 das zerfallende Industrie-Denkmal zu erhalten.  Sie reparierten, restaurierten und bewahrten so große Teile der originalen Ausstattung.  Zuschüsse zur Erhaltung flossen von der Europäischen Union.  Kilbeggan Distillery wurde als Museum weitergeführt und entwickelte sich zu einer touristischen Attraktion in einem strukturschwachen Gebiet. Selbst die Präsidentin Irlands Mary McAleese trug sich am 17. Juni 1998 in das Gästebuch ein. Der millionste Besucher Erwin Hennefarth folgte ihr am 8. September 2011. Erwin wusste nicht wie im geschah, als er vom Chairman der Cooley Distillery Dr. John Teeling und vielen anderen mit einem Glas Champagner empfangen wurde. Der Rummel war groß. Presse, Rundfunk und Fernsehen dokumentierten das historische Ereignis als der Studienreisende ein Bourbon-Fass mit frischem Kilbeggan Spirit füllte. 


Vier Jahre zuvor weckte der irische Whiskey-Tycoon Dr. Teeling die Brennerei aus ihrem Dornröschenschlaf. In Anwesenheit der Nachfahren der ehemaligen Besitzerfamilien McManus, Codd und Locke sprudelte am 19. März 2007 wieder der Kilbeggan New Make Spirit.


„Glücklicherweise wurde die jährliche Lizenzgebühr für die Destillation eines Whiskeys in Höhe von £  5,- von uns stets gezahlt,“

berichtet der damalige Manager Brian Quinn.


 

Wo ist die älteste Brennerei im Lande?

 

Matthew MacManus war einer der ersten namentlichen Besitzer, der wohl seit 1757 am River Brosna eine Destillerie betrieb. Die Voraussetzungen dafür waren sehr günstig, denn in Westmeath und Offaly wuchs die Sommergerste prächtig, billiger Brennstoff fand sich in deren Peat Bogs und es gab viel, viel Wasser am Ort.  Daher ist es kein Wunder, dass bei diesen idealen Bedingungen zwei weitere Brennstätten in der Ortschaft Whiskey produzierten. Im 18. Jhd. notierten die Steuereintreiber in ihren Listen sogar 43 weitere Brennorte in der Region.

 

Matthew ahnte damals nicht, dass seine Brusna Distillery einmal die älteste noch arbeitende Brennerei Irlands werden würde.  Diese Einordnung war nicht eindeutig, denn die Ulster Distillery Bushmills schmückte sich gerne mit diesem Epitheton. An ihrem Tor ist heute noch zu lesen: „Old Bushmills / Distillery / Est. 1608.“ 





Forschungen beweisen jedoch das Gegenteil. Richtig ist zwar, dass der Lord Deputy of Ireland, Sir Arthur Chichester, am 20. April 1608 einem Sir Thomas Phillips aus dem ehemaligen County of  Coleraine eine Lizenz für

"the next seaven yeres, within the countie of Colerane...
distill such and soe great quantities of aquavite, usquabagh
and aqua composita...“

erteilte.



Diese Lizenz galt für den Landstrich „Rowthe“ oder „Route“ in Antrim, in dem Old Bushmills liegt. Wie es in jener Zeit üblich war, konnte Phillips diese Brennerlaubnis an andere Personen in seinem Geltungsbereich für eine Abfindung übertragen.  Ähnliche Lizenzen zum Destillieren von „aquavite“ wurden vom Lord Deputy bereits im März 1608 an Personen in Galway, Munster und Leinster (dort liegt Kilbeggan) ausgegeben. Historiker berichten, dass es in der Ortschaft Bushmills 1782 alleine vier lizenzierte Brennereien gab, darunter die erstmals 1784 ‚registrierte’ Old Bushmills Distillery. Gerade diese Jahreszahl sei ohnehin in vielen betriebsbezogenen Dokumenten oder Produkten schriftlich belegt. Sie dokumentieren damit wohl das tatsächliche Gründungsdatum. Zu allem Unglück wurden die Gebäude der „alten Brennerei“ 1885 durch ein Feuer vollkommen zerstört.



 

Somit wird Kilbeggan zur ältesten lizenzierten Brennstätte Irlands, die darüber hinaus in den ältesten erhaltenen Mauern einer irischen Distillery heute wieder Whiskey destilliert. Einige ihrer Gebäudeteile reichen sogar in die Zeit Entstehungszeit zurück, aber auch in jene als John Locke die Pot Still Distillery von George Codd 1846 übernahm. Obwohl die Dokumentenlage exzellent ist, ein Großteil liegt in der National Library in der Kildare Street in Dublin, bleiben die Gründungsjahre etwas im Dunkeln.




 

Der Aufstieg des irischen Whiskeys

Seit 1556 war es in Irland verboten, ohne eine Lizenz aqua vitae zu destillieren. In der Bevölkerung war das Wasser des Lebens beliebt und sein täglicher Konsum groß. Die englische Krone verdiente mit, denn Charles II besteuerte ab 1661 jede sprudelnde „gallon of spirit“ (4,5 Liter) mit vier Pence. Der stetig steigende Verbrauch sollte durch diese ‚königliche’ Preiserhöhung eingedämmt werden. Andererseits suchte der Chancellor of the Exchequer, die stets klammen Staatskassen reichlich zu füllen. Ein Heer von gaugers and excisemen trieb für ihn die Steuern ein.

 

Die Wirtschaftszahlen belegen für 1720, dass geschätzte drei Millionen Iren für etwa 23,4 Millionen Liter Alkohol,  23,8 Millionen Liter Bier und 55,8 Liter Wein Steuern entrichteten. Die Bücher des Inspector General of Excise of Irelanddokumentieren den rasant wachsenden Verbrauch auf. Ende des 18. Jhds war die Vorliebe der Iren für ihren Whiskey größer geworden, der Konsum von Rum, Cognac, Gin und Wein ging hingegen spürbar zurück.

 

Die Malt Tax – erstmals 1697 in England erhoben – führte zu einem typisch irischen Spirit, dem Irish Pot Still. Diese königliche Sondersteuer machte die Iren erfinderisch. Ein einfacher Trick, die Kosten zu minimieren, war die Verwendung von erhöhten Anteilen ungemälzter, also steuerfreier, Gerste bei der Maischeproduktion. Die Brennmeister schlugen erfolgreich zurück. Sie erhöhten einfach die Anteile der ungemältzen Gerste bis zu 40% und mehr. Manchmal fügten sie Roggen, Weizen oder Hafer dazu, um so die steuerlichen Abgaben legal wirkungsvoll zu umgehen. Das Ergebnis war ein typisch irisches Produkt, der würzige Pot Still Whiskey.

 

Kein Wunder, dass die selbstbewussten Iren, dennoch das Schwarzbrennen forcierten. Es galt der ungeliebten Krone stets ein Schnäppchen zu schlagen. Poitin, Moonshiner  oder usquebaugh wurden in kleinen Brennblasen überall, wo nur möglich, im Lande im Verborgenen hergestellt, sofort in Crock Jugs verkauft und sogleich vor Ort konsumiert. Schwarzbrennen wurde zum Wildwuchs, daher 1761 mussten nach einem neuen Gesetz Brenner ihre Kupferblasen, ihre Größe und ihre Lage registrieren lassen. Kilbeggan war ebenfalls darunter. Die Excise Officers verbuchten in den Midlands um Athlone, Maryborough und Trim 151 Brennorte. Im  Trim-Bezirk, in dem die Kilbeggan Distillery lag, zählten sie 42, in ganz Irland 876 Mitbewerber. Allerdings destillierten diese kleineren Farm-Distilleries durchschnittlich nur 8 100 Liter New Make Spirit pro Jahr.

 

Hundert Jahre später brannte die Kilbeggan Distillery alleine etwa die gleiche Menge aller Trim-Brennblasen zusammen. Was war geschehen? Whiskey wurde in allen gesellschaftlichen Schichten Irlands immer mehr zum Nationalgetränk. Der Whiskey-Konsum nahm stetig zu. Die berühmt-berüchtigte Donnybrook Fare zeigte den zunehmenden Alkoholkonsum. Alljährlich im August trafen sich bis zu 75.000 Menschen im westlichen Dubliner Vorort zu einem zweitägigen kollektiven ausschweifenden Besäufnis.

 

Kilbeggans Aufstieg

Matthew McManus war einer der drei lizensierten Brennmeister in der Ortschaft Kilbeggan, der in kleinen Brennblasen mit einer Füllmenge von rund 1250 Litern Whiskey brannte, der in der Region oft als junger, nicht fassgelagerter Spirit getrunken wurde. Whiskey wurde ein einträgliches Geschäft. Da wundert es nicht, dass auf der gegenüberliegenden Straßenseite eine weitere Brennerei entstand.  George Codd nutze ebenfalls die ideale Lage am River Brosna und installierte größere Brennblasen mit einem Fassungsvermögen von rund 2000 Litern.

 



Ende des 18. Jhds. wechselten McManus und die Folgebesitzer George Codds vom Destillieren zum Bierbrauen, da die Regierung die Besteuerung des Whiskeys kräftig erstmals 1796, danach 1801 und 1816 wiederum anhob, aber gleichzeitig die Biersteuer verminderte. Man glaubte eben, Bier sei das geringere Übel des Alkoholismus. Der gewünschte Effekt trat ein. Landesweit sank die Zahl der Brennstätten 1823 auf etwa 40.  Da jedoch die Einnahmen der Alkoholsteuer radikal zurückgingen, wurden die Bestimmungen der Excise Laws wieder geändert. Die Folge, die Alkoholabgabe für Whiskey sank sich erheblich.  Diese Veränderung schuf neue wirtschaftliche Anreize. Niedrigere Steuern bewirkten eine ständige Zunahme der Whiskey-Produktion und einen Anstieg der Brennstätten. Mit Whiskey war wieder einmal viel Geld zu verdienen. Die Steuereinnahmen für den Fiskus stiegen wie gewünscht.

 

1846 erwarb John Locke die Brau- und Destillationsrechte. Mit ihm veränderte sich Struktur der Brennstätte vollkommen. Vor Locke hatte der wohlhabenden Tabakhändler John Fallon aus der Nachbargemeinde Tullamore die Produktionsstätte bereits nach George Codds Tod (1823) erweitert. Zusammen mit den Kaufleuten Patrick Brett und Henry Gower kam frisches Kapital in den „concern“.  Gleichzeitig schuf das neue liberale Whiskey-Besteuerungsgesetz 1823 weitere Produktionsanreize.  132 000 Liter New Make Spirit sprudelten damals jährlich aus den Brennblasen. Verkauft wurde das Destillat zunächst in Westmeath und Offaly. 1834 eröffnete die Anbindung über einen Nebenarm an den Grand Canal den Weg nach Dublin, England und in die neue Welt. Die Jahresproduktion stieg rasant auf über eine Million Liter.  John Locke’s Whiskey wurde wegen seiner guten Qualität zu einem Begriff in der irischen und englischen Gesellschaft.

 

Der gewaltige Boom sollte Irland mit 50 Millionen Liter Whiskey überschwemmen. So durfte 1828 alleine in Dublin an 1714 Stellen Alkohol verkauft werden.  Während der Arbeit Bier oder Whiskey in großen Mengen zu trinken war üblich. Alkoholismus und Armut erreichten ihre Höhepunkte. Die irische Gesellschaft schien im Delirium zu verkommen. Westminster sorgte sich. Die beginnenden Temperance Movements in den irischen Städten waren eine weitere Reaktion. Der Kreuzzug gegen den Teufel Alkohol um Father Theobald Mathew aus Cork bewirkte eine spürbare Umkehr. Hundertausende folgten ihm in Galway, Limerick und Dublin.


Sie gelobten:


„I promise to abstain from all intoxicating drinks except used medicinally and by order of a medical man
and to discountenance the cause
and practice of intemperance.“ 


Pubs und Distilleries schlossen massenhaft, denn das Teetotaler-Bewusstsein führte bei vielen Iren zu einer veränderten Trinkhaltung. So wurde beispielsweise der wöchentliche Lohn nicht mehr in Pubs ausgezahlt, um nicht Trinkanreize zu schaffen. Theobald Mathew, der Apostle of Temperance, erreichte mit der Total Abstinence Pledge sein Ziel, mehr als die Hälfte der irischen Bevölkerung schloss sich der Bewegung an: Die Zahl der Tavernen fiel innerhalb weniger Jahre von 21 300 auf 13 500, die der Brennereien von 94 im Jahre 1838 auf nur 61 im Jahre 1844.

 


The Temperance Priest in Dublin’s O’Connell Street. Wikipedia

Mitten in den Höhepunkt der Temperenzler Bewegung und der einsetzenden Whiskey-Rezession kam die Anmietung der Kilbeggan Distillery durch John Locke im Jahre 1843.  Er hatte sich bereits erfolglos an der im Nachbarort liegenden Tullmore Distillery versucht.  Nun suchte er sein Glück  - unter denkbar schlechten Vorzeichen - am Brosna River.


Die gesellschaftspolitischen Veränderungen halfen ihm. Der Elan der Temperance Movements war nicht von Dauer. Whiskey wurde wieder mehr und mehr zu einem gesellschaftsfähigen Getränk, er war der stets willkommene Begleiter während Familienfeiern von der Geburt bis hin zum Friedhof. Die Brusna Distillery florierte. Ihr Whiskey wurde wieder geschätzt. Wohlstand und Ansehen der Brennereibesitzer stiegen. Die Lockes erwarben sich in der Region den Ruf eines sozialen Arbeitgebers, der für seine workers sorgte. Ihre Spendenfreudigkeit für den Kilbeggan Relief Fund  während der Great Famine war großzügig. Die Ausgabe der Hafersuppe für die Hungernden war für die katholische Mittelstandsfamilie selbstverständlich. Sie sponserten sogar die berühmten heute noch stattfindenden Kilbeggan Races.

 

 

Als der vielzitierte Chronist Alfred Barnard 1886 die irischen und schottischen Whisky-Destillerien bereiste, kam er auch in das geographische Zentrum Irlands. Er dokumentierte Fortschritt, Erfolg und Expansion, die sich seit 1860 in Kilbeggan unter der Familie Locke positiv abzeichneten. Neue Brennblasen kamen von Millar’s in Dublin. Horizontale Mühlsteine, die heute noch zu sehen sind, importierten John Locke’s Söhne nach seinem Tode (1887) aus Glasgow.  Es ist die Zeit der großen weltweiten Erfolge der irischen Distilleries. Rund ein Fünftel des Lockeschen Whiskeys ging nach England, nach Amerika und nach Canada.  Die irischen Whiskey-Exporte stiegen von 4,5 Millionen Liter (1860) auf 38,5 Millionen Liter im Jahre 1907.  Die Gesamtproduktion erreichte 63 Millionen Liter Irish Spirit.  Darunter waren 1 350 000 Liter des Irish Pot Still Whiskey aus Kilbeggan. 

 

Der Niedergang des irischen Whiskeys

Mit den Umsätzen stieg der Anteil des mit Patent Stills günstig hergestellten Silent Spirits auf mehr als 70 %. Belfast hatte sich mittlerweile zu einem starken Blending Center entwickelt und versorgte den englischen Markt mit sehr jungen Blends, die oft billige schottische Grain Whiskies enthielten. Sie wurden fälschlicherweise unter dem Label Irish Whiskeyerfolgreich vermarket. Das andere Zentrum der irischen Whiskey-Industrie Dublin mit seinen Big Four,  John Jameson, William Jameson, Power und Roe, hielt weiter stur an den traditionellen Brennverfahren ihres Irish Pot Still Whiskeysfest. Sie ignorierten die aktuelle Trendwende des Geschmacks. So auch Locke, denn ihr Pot Still Whiskey wurde nach wie vor sehr gerne von Engländern, darunter Winston Churchill, getrunken. Trotz der großen Konkurrenz der Irish Blended Whiskeys und insbesondere der Scottish Blended Whiskies konnten sich Locke’s Whiskey bis nach dem Zweiten Weltkrieg auf dem Markt halten.

 




Dennoch, Locke und die Traditionalisten vermochten die großen Erfolge der Blends nicht aufzuhalten. Den Whisky-Trinkern schmeckte der Verschnitt aus Grain Whiskies, Pot Still Whiskeys oder Single Malt Whiskies einfach besser. Die Umsätze gingen dramatisch zurück. Locke konnte nur noch ein Fünftel seiner ehemaligen Superumsätze erzielen.


Der irische Whiskey und Locke standen vor dem Aus, den die radikalen politischen Veränderungen, das Easter Rising von 1916, die Abspaltung vom Vereinigten Königreich, die amerikanische Prohibition, die Weltkriege und die politischen Skandale beschleunigten den Niedergang.  


Der irische Whiskey-Markt kollabierte. Anfang der fünfziger Jahre des 20. Jhds waren nur noch fünf Distilleries in den Gebieten der heutigen Republic of Ireland übrig geblieben: Cork Distillers, Jameson, Locke, Power und Tullamore. Die älteste unter ihnen, Locke’s Whiskey Distillery, verabschiedete sich allmählich vom Markt, da gutes Management, investives Kapital und neue Partner fehlten. Jährlich produzierte sie 120 000 bis 150 000 Gallon Whiskey. Doch investives Kapital für Investitionen neuer Anlagen war trotz der Verkäufe knapp. Der finale Schock kam 1952. Eine 28 % prozentige Erhöhung der Alkoholsteuer verursachte einen dramatischen Rückgang des Whiskey-Konsums in Irland. Die John Locke Ltd. war schließlich im November 1953 nicht mehr in der Lage die Steuern für ihre Lagerbestände zu bezahlen. Die offenen Weihnachtsbestellungen konnten nicht mehr ausgeliefert werden. Die Produktion endete 1953. Weil die Rückzahlungen von 65 00000 Pfund ausblieben, schloss die Provincial Bank die Distillery Gates am 27. November 1958. Der Warenbestand wurde verkauft. Ihr Niedergang setzte sich schleichend fort.


Der deutsche Geschäftsmann Kar Heinz Möller kaufte 1962 die Brennerei. Beträchtliche Gewinne erzielte der Hamburger Autohändler mit dem Verkauf von etwa 1 00 000 Gallon Whiskey-Beständen. Die Brennerei verwandelt er in einen Schweinemastbestrieb. Tausende Steingutbehälter crocks ließ er zertrümmern. Das Gelände ging 1969 an Powerscreen, ein Landmaschinenhändler von von Volvo-Traktoren


Anfang der Siebziger Jahre wurde die Destillationsanlage, darunter die vier Brennblasen abgerissen, zu Schrott verarbeitet. Was für ein Schicksal für eine einst so stolze Brennerei? Wenige Wochen nach dem Verkauf der Kupferteile, sank der Kupferpreis radikal. Ein früher einsetzender Preisverfall hätte vermutlich die Destillationsanlage gerettet.

 

Die Kilbeggan Preservation Development Association begann 1982 die zerfallende Brennerei mit ihren Lagerhäusern zu erhalten. Eine Leasehold von 99 Jahre ermöglichte die Errichtung eines Museums. Rettung kam ebenfalls aus der neu entstandenen Cooley Distillery Plc in Riverstown, Co. Louth, denn sie suchte zur Reifung ihrer Whiskeys Lagerräume. Sie fand diese in den 200 Jahre alten Kilbeggan Warehouses.



 

Eine neue Partnerschaft entstand. 1987 überraschte Dr. John Teeling die Whisky-Industrie:


“Im Erwerb der Locke-Markenrechte sahen wir
eine neue Chance der Wiedergeburt
dieser alten Brennerei und ihrer Traditionsmarke.“ 

Seinem Traum von einer blühenden irischen Whisky-Landschaft kam er näher. Am 17. Juli 1992 stand ein Locke’s Whiskey wieder in den irischen und internationalen Regalen. Der in Cooley destillierte Gersten-Rohbrand wurde anschließend in einer funktionsfähigen Spirit Still Kilbeggans feingebrannt. Die Brennblase stammte ursprünglich aus der Tullamore Distillery, wo sie zur Entkalkung des harten kalkhaltigen Wassers eingesetzt wurde. Teeling hatte sie vor dem Verschrotten gerettet. Heute gilt diese Brennblase als die weltweit älteste Whisky Pot Still und dürfte mehr als 150 (180) Jahre alt sein, erklärte Manager Brian Quinn (2012). Die kleine Brennblase wurde wohl um 1800 in Tullamore installiert. Sie ist der große Schatz der Kilbeggan Distillery Experience. Mittlerweile steht sie im Museum, denn sie musste altersbedingt durch ein Replikat 2022 ersetzt werden.

 




250 Jahre nach der Gründung sprudelte am 19. März 2007 wieder reiner Kilbeggan Spirit aus den Brennblasen. Neue Maische- und Gärbottische produzieren ein Bier, das in einer von der renommierten schottischen Kupferschmiede Forsyth hergestellten Wash Still auf  21 vol. % destilliert wird. Die Low Wines werden in der zweiten Destillation weiter auf 75 vol. % verstärkt. Die Qualität des New Make Spirits ist eine absolute Überraschung. Er ist fein und sehr dezent, fast zurückhaltend im Charakter, fruchtige Aromen von Bananen und Ananas strömen in die Nase.  Die Zunge erfreut sich an einem reinen Gersten-Spirit, der wenig ölig, leicht süß und lang anhaltend gaumenfüllend ist.  


„Der klare Single Malt ist dank seiner Reinheit sofort trinkfähig und bedarf eigentlich keiner reinigenden Reifung im Eichenfass,“

erklärt Manager Brian Quinn.





 

Seit 1757 war die Distillery in Kilbeggan in irischen Händen. Die Überraschung war groß, als im Dezember 2011 Beam Inc. den einzigen unabhängigen irischen Whiskey-Hersteller Cooley Distillery plc für $95 Millionen erwarb. Der amerikanische Global Player brachte den Kilbeggan Blended Whiskey mit Verve in den amerikanischen Markt. Anlässlich des St. Patrick’s Day  exportierte er im März sogleich die zwanzigfache Menge gegenüber der des Vorjahres in die Geschäfte von 28 U.S.-Staaten.  



„Kilbeggan is back again!“

Kilbeggan Warehouse 2016




Seit 2014 gehört die älteste produzierende irische Distillery Kilbeggan zum Beam Suntory Konzern.



Back to the Roots. Double Distilled Pot Still Whiskey 2020

Quelle Irland Journal Original Artikel pdf




 



Einen detaillierten fotographischen Rundgang durch die Brennerei bietet


The Gateway to Distilleries


Doppel Click Foto





 


Ein Rückblick in die Renovierungszeit. Kilbeggan 1983





 

Entdecke Kilbeggan neue Anlage




 


Zum Autor

Ernie - Ernst J. Scheiner ist der Herausgeber des Portals The Gateway to Distilleries www.whisky-distilleries.net  Er dokumentiert über 150 Destillerien fotografisch von innen und beschreibt detailliert die Produktion der Whiskies. Seit seinem Studium an der University of Edinburgh befasst er sich mit dem Thema Whisky und publiziert in

Fachmagazinen wie Das Irland Journal, die Kleinbrennerei, Whisky Passion und The Highland Herold. Features und Stories erschienen in den Blogs whiskyexperts, whiskyfanblog und whiskyintelligence. Als Leiter der VHS Ingelheim führte, und nun als Whisk(e)y-Tutor leitet er Destillations-Kollegs, Studienreisen und Whisky-Kultouren zu den Quellen des Whiskys.


 

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