WEE BEASTIE raucht
Die 1815 lizensierte Islay Distillery Ardbeg wird jünger. Im letzten Jahr seines Berufslebens erweitert das Team um Distillery Manager Mickey Heads das ständige Portfolio um eine weitere Abfüllung – Ardbeg Wee Beastie. Der Islay Single Malt aus einem stark getorften Malz mit einer Phenoldichte von 55ppm reifte lediglich fünf Jahre in Eichenholzfässern und zeigt daher sehr detailreich Ardbeg‘s Distillery Character. Die Marketingspezialisten promoten den Neuen als einen „lebhaften und kräftig-rauchigen Whisky, äußerst ungezähmt.“ Sie bemühen die Mythologie und Natur der Hebrideninsel: „Seltene Seekreaturen und rätselhafte Fabelwesen – die Ardbeg Destillerie hat eine lange Tradition, ihre Abfüllungen nach unheimlichen Geschöpfen zu benennen. Aus den Torfmooren Islays entstammt das Wee Beastie, ein „Monster-Dram“ mit beeindruckendem Biss.“ Das Malz wurde in den nahegelegenen Port Ellen Maltings produziert. Die dort verarbeitete Gerste kam allerdings nicht von Islay.
Die aromatische Prägung erfuhr der Wee Beastie in zuvor mit Bourbon belegten Barrels von Jim Beam und anderen, die Vielfalt ist bei Ardbeg groß. – first fills und vermutlich second fills – sowie in seasoned Oloroso Fässern – vermutlich Hogsheads. Dr. Lumsden: „Unter den vielen Arten von Fässern, die wir für Ardbeg verwenden, sind gelegentlich auch einige, die zuvor Jim Beam Bourbon enthielten. Wir haben keine Fasslager in Livingston, und der Großteil unseres Ardbeg-Bestands wird weiterhin auf Islay gereift“
Ardbegs legendärer Whisky-Macher
Dr. Bill Lumsden ist begeistert.
„Ardbeg Wee Beastie strotzt vor intensiven Aromen frischgemahlenen Pfeffers, saftigem Kiefernharz und beißenden Rauchschwaden.
Eine Eruption am Gaumen mit Schokolade, Kreosot-Teeröl und Teer, gefolgt von herzhaften Fleischnoten, die ein salzig-langes Mundgefühl auflösen.
Ich bin mir sicher, dass viele Ardbeg-Fans und alle, die es werden wollen, diesen Zungenkribbler lieben.“
Für den im Oktober 2020 ausscheidenden Mickey Heads ist eine neue Variante im Kernsortiment besonders bedeutsam: „Ardbeg Wee Beastie ist ein außergewöhnlicher Dram. Als jüngster gereifter Whisky zeigt er deutlich die besondere Charakteristik unserer Brennblasen – ein ultimativ gutes, „kleines Biest““!
Ardbeg folgt mit dieser Ausgabe einem seit Jahren feststellbaren Trend der Whisky-Industrie zu jüngeren Whiskys mit oder ohne Altersangabe. Auf jeden Fall ergänzt das Wee Beastie die Ardbeg Range dauerhaft mit einer kostengünstigeren alkoholstarken Variante.
Freunde eines markanten und charaktervollen Peated Whisky wird dies freuen.
Lumsden ergänzt und betont das Alter: „Wie in fast allen schottischen Brennereien haben wir deutlich weniger ältere als jüngere Whiskys. Der Ardbeg Wee Beastie, der prominent eine 5-Jahres-Angabe zeigt, wurde jedoch geschaffen, um noch mehr von Ardbegs berühmtem, rohem, salzigem und rauchigem Charakter zu zeigen. Wir bringen aber auch ältere Varianten heraus, wie z.B. den 19-jährigen Traigh Bhan.“
Mit der jugendlichen Altersangabe setzen die Verantwortlichen ein selbstbewusstes Signal: Sie stehen zur Qualität ihres jungen Produkts und wenden sich gegen den Mythos, ein Whisky müsse zwölf Jahre und älter sein. In den vergangenen Jahren wurde das Primat des Alters von vielen Marketingstrategen bei Scotch Blends oder Single Malts werbend in den Vordergrund gestellt.
Der rasant ansteigende globale Markt und die hohen Bedarfe machten älter Whiskys seltener. Die unabhängigen Abfüller stellten bereits seit einiger Zeit jüngere unter zehn Jahre alte Einzelfassabfüllungen in die Regale der Fachgeschäfte. Und siehe da, Whisky-Nerds akzeptierten den Trend. Frappierend waren jedoch ihre Einschätzungen und spontanen Eindrücke in Blind Tastings. Ein drei Jahre und ein Tag junger Single Cask Malt von Islays Nordküste wurde von ihnen als acht-, zehn-, zwölf- und sogar achtzehnjähriger Whisky sensorisch interpretiert.
Mittlerweile passen sich die Verantwortlichen mit ihren Ardbegs an die veränderten Trinkgewohnheiten der jungen Verbraucher an. Sie empfehlen den Wee Beastie, entweder pur wie bisher gewohnt oder in einem rauchigen Cocktail zu genießen. Mit oder ohne Eis…dem Modetrend folgend. Die Whisky Maker nehmen ihre Initiative von 2004 mit dem sechsjährigen 58, 3 Vol.% kräftigen Ardbeg Very Young wieder auf, der wie die 56,2 Vol. %-Abfüllung Still Young von 2006, zu einem begehrten Sammlerobjekt wurde. Insgesamt gab es vier solcher Abfüllungen in dieser hochgelobten Reihe, die sich dem zehnjährigen Standard allmählich annäherten.
Der Ardbeg Wee Beastie....
wurde mit starken 47,4 Vol.% Alkohol nicht-kühlfiltriert abgefüllt. Zur in der Industrie oft üblichen Farbgebung bei Single Malts führt Dr. Lumsden grundsätzlich aus: „We never add caramel colouring to our Ardbeg expressions.“
Die Spannung ist hoch. Das Päckchen mit dem Sample wurde erwartungsvoll geöffnet. Die Verkostung leiten die Fragen, inwieweit sich der jugendlich „stürmisch-pubertäre“ Distillery-Charakter durch die Reifung in Bourbon Barrels sowie Sherry Casks – nur Oloroso? – modifiziert. Z.Z. gibt es keine detaillierten Hinweise auf die Vatting-Rezeptur, in welchen Fässern – first fill/second fill, Barrels, Hogsheads oder Butts – der New Make tatsächlich reifte. Sicher ist, die von Lumsden und seinem Team ausgewählten Whiskys für das Batch 1 sind mindestens fünf Jahre alt. Einige können vielleicht auch älter sein, um dem finalen Beastie-Produkt seine alkoholische Schärfe zu nehmen und etwas Weichheit zu verleihen. Genaueres weiß man allerdings nicht.
Vorteilhaft dürfte die bei Ardbeg übliche langsame und schonende Destillation wie auch der stetig aufreinigende Effekt des Purifiers im Lyne Arm der Spirit Still sein, der die schweren Alkohole wieder in den Kessel zur anschließenden Verdampfung und Reinigung zurückleitet. Dieser Reflux wird in der Nase spürbar.
Der Ardbeg new make ist rein und sauber, Noten von grünen Äpfeln, Gerstenmalz sowie Rauch dominieren. Trotz seiner hohen Konzentration ist der new make nicht scharf, sondern eher weich, etwas ölig und süß. Es wirkt eine Zitrusfrische. Es macht große Freude ihn zu verkosten. Die Erfahrung lehrt darüber hinaus, dass derart reine Spirits schneller in Eichenholzfässern reifen, als andere.
Wie schmeckt das Biest?
Im Glas erscheint ein heller mit grünlichen Reflexen auftretender klarer Single Malt. Im Vergleich zur dunklen bernsteinfarbenen Ardbeg Blaaack Committee Edition, die in ihren Farbreflexen etwas an einen klaren Apfelsaft erinnert, kommt das Farbenprofil des Neuen in die Nähe von Ardbeg An Oa, bleibt aber einen Tick heller. Man kann an einen Grauburgunder denken.
Die Nase umschmeichelt ein angenehmer Rauchton, ein erfrischendes Aroma-Profil, das an trockenes Gras, helle Früchte und eine Palette von Gewürzen, aber auch frisch-geschnittenen Ingwer erinnert. Eindrücke von Schokolade flackern auf. Anfangs ist ein starker Alkoholton im Glas zu spüren, der auf der Zunge angenehm weich, nicht zu ölig entlang gleitet. Es baut sich eine würzige, nicht aggressive Spannung auf, die sich ausgleichend mit Rauch- und leichten Teertönen entwickelt. Rauch und etwas Salz am Ende hallen lange anhaltend nicht aggressiv an Zunge und Gaumen nach.
Die Aromen und Geschmacksassoziationen entfalten sich nicht additiv, sondern gleiten wohltuend ineinander über und ergänzen sich. Holz und etwas Vanille sowie Bitternoten und florale Gedanken blitzen auf. Das Biest ist entdeckend vielschichtig und keineswegs abstoßend, sondern vielmehr lieblich wohltuend, den Alkohol, Rauch, Geschmack mit einer leichten Süße zeigen sich ausbalanciert, harmonisch und integrativ. Abstoßende phenolische Reaktionen Fehlanzeige.
Der neue Ardbeg Single Malt ist süffig, eine stets präsente Pfefferminzfrische sowie wie Sahnebonbon-Süße verstärken diesen Wunsch nach mehr. Die Sherry Fässer wirken entspannend, ausgleichend, sie befrieden. Seltsam, beim Genießen des neuen Ardbegs tritt die Frage dem Alter des Whiskys vollkommen in den Hintergrund.
Das ist auch gut so, denn es zählt alleine die Freude an den sensorischen Sensationen in der Nase und auf der Zunge.
Das Wee Beastie wird sicherlich viele neue Freunde finden und eingefleischte Ardbegians und Peat-Guys mit einem faszinierenden Aroma-Profil umgarnen. Nach Ardbeg Blaaack erscheint in den Fachgeschäften wieder ein Ardbeg Single Malt, der jetzt für viele Kunden zugänglich sein wird. Keine Sorge, falls das Inaugurale Batch 1 ausverkauft ist, folgt alsbald ein Batch 2, denn das Wee Beastie soll das Ardbeg Portfolio langfristig ergänzen.
Der Islay Single Malt Scotch Whisky ist ab April 2020 für 37,49 Euro (unverbindliche Preisempfehlung) bei allen Ardbeg Embassies, im Fachhandel und bei Ardbeg.com erhältlich.
Der Autor dankt Moët Hennessy Deutschland für die Bereitstellung einer Probe.
Offizielle VERKOSTUNGSNOTIZ
„Farbe: Wie helles Gold
An der Nase:
Sehr glänzend-frisch und kräuterbetont, mit einem Hauch Vanille, Birne, schwarzer Pfeffer, frisch gemahlen, und glasierten Schinken. Kräftiger türkischer Kaffee, saftiges Kiefernharz.
Mit etwas Wasser mehr Kräuternoten wie Vetiver-Gras (asiatisches tropisches Süßgras), Fenchel sowie Anis, grüner Apfel und Leder.
Am Gaumen:
Kräftig, explosiv-ausfüllend mit viel Schokolade, Teer, Kreosot-Teeröl und geräuchertem Speck, gefolgt von einer Eruption antiseptischer Lutschtabletten, Eukalyptus und mehr Anis.
Nachhall:
Ein langes, salziges und gaumenüberziehendes Finish mit Noten von Kakao, Fudge-Butterkaramell und herzhaftem Fleisch.
Das schreibt Ardbeg über sich:
„Nicht ohne einen gewissen Stolz nennt sich Ardbeg der ultimative Islay Single Malt Scotch Whisky. Im Jahr 1815 offiziell gegründet, ist Ardbeg in aller Welt von Kennern als komplexester, rauchigster und am meisten getorfter Islay Single Malt Whisky geschätzt. Gleichzeitig wartet er mit einer unerwarteten Süße auf – ein Phänomen, das auch „das torfige Paradox“ genannt wird. In den 1980- und 1990er Jahren blickte Ardbeg in eine ungewisse Zukunft bis zum Jahr 1997, als die Glenmorangie Company die Islay-Brennerei kaufte und vor dem endgültigen Auslöschen bewahrte. Seitdem ist die Destillerie wie ein Phönix aus der Asche auferstanden und heute ist Ardbeg bestens etabliert mit passionierter Anhängerschaft.“
Der Autor dankt Moet Hennessy Deutschland für die Zusendung der Probe.
Zum Autor
Ernie - Ernst J. Scheiner ist der Herausgeber des Portals The Gateway to Distilleries www.whisky-distilleries.net Er dokumentiert über 150 Destillerien fotografisch von innen und beschreibt detailliert die Produktion der Whiskies. Seit seinem Studium an der University of Edinburgh befasst er sich mit dem Thema Whisky und publiziert in Fachmagazinen
wie Das Irland Journal, die Kleinbrennerei, Whisky Passion und The Highland Herold. Features und Stories erschienen in den Blogs whiskyexperts, whiskyfanblog und whiskyintelligence. Als Leiter der VHS Ingelheim führte, und nun als Whisk(e)y-Botschafter leitet er Destillations-Kollegs, Studienreisen und Whisky-Kultouren zu den Quellen des Whiskys.
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